Friday, March 19, 2010

Was bringt CoWorking für mein Unternehmen?

Diese Frage bekomme ich immer wieder gestellt. Und immer wieder denke ich darüber nach, wie ich das Phänomen und den Nutzen für Unternehmen und auch die Gesellschaft im weiteren Sinne darstellen kann.

Ehrlich gesagt tue ich mich jedes Mal schwer - was man nicht kennt kann man auch kaum verstehen. Ich verstehe auch nicht, warum manche Menschen Bungee-Jumping machen oder Fallschirmspringen. Das bedeutet jedoch nicht, dass es diesen Menschen nicht auch Nutzen stiftet und Freude macht. Mir machen andere Dinge Spaß. Dazu gehört z.B. Ultimate Frisbee, ein sich selbst-organisierendes Mannschaftsspiel mit der Frisbeescheibe - ohne Schiedsrichter (!). Oder auch die Neugier, Dinge einfacher zu machen. Zumeist in der Rolle des Kunden, wenn irgendwas nicht funktioniert.

Vor Jahren habe ich festgestellt, dass es nicht sehr effektiv ist, alles selbst wissen zu wollen. Stets gibt es jemanden im näheren oder weiteren Umfeld, der bestimmte Dinge besser kann. Warum also nicht diese Aufgaben abgeben? Während des Studiums der Volkswirtschaftslehre an der Uni Mainz und Uni Bamberg lernte ich von komparativen Kostenvorteilen zwischen Ländern. Diese führen dazu, dass das eine Land ein Gut X produziert und ein anderes Gut Y. Würden beide X und Y wäre der gesamtwirtschaftliche Nutzen geringer, als wenn sich jedes auf sein Kernprodukt konzentriert bei dem es kosten- und produktionstechnische Vorteile hat.

Konzentration auf die Stärken!

Dieser Ansatz auf die Arbeitsform übertragen - was bedeutet dies? Geht das denn in etablierten Unternehmen mit festen Stellenbeschreibungen?

Im Extremfall würde dies bedeuten, dass jeder Mitarbeiter zwar eine Kernaufgabe erfüllt (ein lockerer Rahmen: z.B. verantwortlich für die Produktionsqualität) jedoch bei Fragestellungen, die er nicht alleine lösen kann jederzeit auf andere Wissensquellen in Form anderer Mitarbeiter und Gruppen (eventuell auch außerhalb der Firma) zurückgreifen darf. Dies ohne vorherige Rückfrage bei seinem Vorgesetzten. Würde das gehen, oder doch im Chaos enden? Was müsste vorliegen, dass dieses Konstrukt neuen Arbeitens auch tatsächlich Mehrwert gegenüber dem Status-Quo bringt?

Was ist nun das Besondere am CoWorking?

Das Wissen kann frei fließen und die meist vorhandene OpenSpace Architektur ermöglicht einen einfachen Wissensaustausch zwischen den Wissensträgern. Moderne Web-Technologien ermöglichen zudem den Radius außerhalb des physischen Ortes zu verlagern, um Informationen zu erhalten. Was früher nur in fester Büroinfrastruktur möglich war (Büro mit fester Verkabelung) ist nun dank WLAN und Laptop ohne räumliche Beschränkung möglich.

Was kann CoWorking und CoCreating wirklich bringen in einer Stadt/Region?

8 comments:

Ruth said...

CoWorking in Unternehmen

wenn es eine gut durchdachte Plattform zum Austausch z.Bsp. im Intranet gibt, die auch angenommen wird, ist das eine prima Idee.
Das Extern-Rat-Einholen (auch ohne OK des/r Vorgesetzten) stelle ich mir in der Tat chaotisch vor - auch was die Rechnungen/Finanzen angeht.

Prinzipiell ist CoWorking in Unternehmen ein schöner Ansatz, da er nicht zuletzt ja großen Respekt vor dem Wissen des einzelnen Mitarbeiters bedeutet.

Aber egal ob innerhalb eines Unternehmens oder außerhalb, am spannendsten ist die Frage WIE?, also Ausgestaltung und Umsetzung!

RalfLippold said...

Danke Ruth für Deine Gedanken zu den aufgeworfenen Fragen, die auch mich wiederum zum Grübeln bringen ;-)

Vielleicht ist die Frage nach der Sinnhaftigkeit von "CoWorking" für Unternehmen anders zu stellen. Welche Informationen erfährt ein Unternehmen nicht von seinen Mitarbeitern, da diese ausschließlich in den Teeküchen und im Kollegenkreis ausgetauscht werden (eher ungezielt)?

Welche Themen kommen in Frage, ohne Sicherheitsbedenken aufzuwerfen? Wie können derlei "CoCreation"-Workshops im Kleinen ablaufen?

Ruth said...

Sind wir damit dann nicht beim Wissensmanagement?
Wo genau siehst Du den Unterschied?

RalfLippold said...

Hallo Ruth, Wissensmanagement ist für mich, wie bereits vorhandenes und "sichtbares" Wissen entsprechend gemanagt (verwaltet) werden kann.

Doch wie mit Wissen umgehen, das erst in der Interaktion von Menschen zu "sichtbarem" Wissen wird? Welche Art von "soziale" Infrastruktur benötigt es hierfür?

Grüße, Ralf

PS.: Wissensmanagementtools sind notwendig, jedoch nicht hinreichend, um kollektives Wissen zu entdecken und gestaltend in entstehende Prozesse einzubinden (beruhend auf meinen sehr persönlichen Erfahrungen in den unterschiedlichen Arbeits- und Lebenskontexten).

Ruth said...

Lieber Ralf,

danke für die Abgrenzung, jetzt verstehe ich besser, worauf Du hinaus wolltest.
Wirklich kreative Ideen sind mir leider nicht gekommen, aber trotzdem:

erster Gedanke: die Kommunikation irgendwie aus der Teeküche rausholen. Warum nicht mal wild durcheinander: mit Menschen sprechen, die was ganz anderes machen, als man selbst. (in Unternehmen meinetwegen dann eben andere Abteilungen) Wenn man das Job Rotation nennt, gibt es das aber schon :-(

andere Möglichkeit:
eine Art Kompetenz-Intranet: Oft hört man ja "hätte ich das gewusst..."
Wenn Mitarbeiter im Intranet nicht nur ihre Job Description einstellen würden, sondern darüber hinaus auch noch weitere Kompetenzen, Interessen, Kontakte ... könnte man sich zu bestimmten Themen effizienter austauschen.
Das hebt aber immer noch nicht wirklich kollektives Wissen. Und ich fürchte, es würde auch auf Widerstand stoßen.

wie gesagt bin ich selbst nicht ganz glücklich mit den Ideen und denke weiter nach! Versprochen!

RalfLippold said...

Ruth, Deine Gedanken sind mir durchaus nicht unbekannt. Ich höre auch stets von Geschäftsführern, "Was bringt das CoWorking für meine Firma? Das kann man ja nicht messen!".

Einige Ideen zu CoWorking und was noch möglich ist aus Italien, http://slidesha.re/fQVFYf.

Und wie ich über einen älteren Eintrag von mir auf http://community.presencing.com sehe ist auch dies nicht irrelevant für die angeschnittenen Themen:

http://www.strategy-business.com/article/10214?pg=all

Ruth said...

Danke für die vielen interessanten Links, Ralf!
Allerdings kämpfe ich noch immer mit dem Problem, dass für mich CoWorking IN Unternehmen (im Vergleich zum "klassischen CoWorking") wenig greifbar ist.
Wie sieht es denn zum Beispiel mit Unkonferenzen/Barcamps in Unternehmen aus? Zählt das zu CoWorking?

RalfLippold said...

Hallo Ruth, wenn Barcamps dauerhaft und jeden Tag im Unternehmen laufen, dann spreche ich von Enterprise-CoWorking :-)

Danke, dass Du mich nochmals an meine Antwort erinnert hast ;-)

Lässt sich das denn einrichten mit täglichen Barcamp? Sicherlich schon, denn Ricardo Semler, Entrepreneur aus Sao Paulo, macht es nicht anders bei SEMCO. Ein Freund aus Graz ist gerade drüben in Brasilien und seine Mission ist es Ricardo zu treffen und von seiner Idee etwas nach Europa zurückzubringen.