Friday, December 29, 2017

Cassandras haben es schwer - besonders in heutigen vernetzten Zeiten

Final Curtain
Vor einigen Wochen hatten "Les Troyens / Die Trojaner" von des französischen Komponisten Hector Berlioz ihre in der aktuellen Spielzeit 2017/2018 letzte Aufführung an der Semperoper Dresden. Auf den Tag genau einen Monat zuvor feierte diese Oper mit wagnerianischer Länge (ca. 5 Stunden inklusive zwei Pausen) ihre Premiere mit sehr unterschiedlichen Kritiken (in der Regel ein Zeichen, dass es sich lohnt, sich persönlich ein Bild von der Inszenierung zu machen und die Deutungshoheit nicht den Premierenkrititern zu überlassen, siehe Links zu weiteren Rezensionen am Ende des Beitrags).

So stand zur letzten Vorstellung in dieser Spielzeit ein Besuch dieses musikalischen und visuellen Marathons auf dem Programm und er belohnte über alle Maßen (auch wenn das Parkett noch wesentlich mehr Besucher vertragen hätte, die Ränge hingegen waren gut besucht).

Was macht die Oper, neben den kontroversen Kritiken, so außergewöhnlich? Hector Berlioz hatte "Les Troyens" als "Grand Opera" inszeniert und vor allem der Chor sollte auf der Bühne eine entscheidende Rolle spielen. Was konnte also Besseres passieren als das 200. Gründungsjubiläum des Sächsischen Staatsopernchores im Jahr 2017 zu nutzen. Wie in kleiner Runde mit Intendanz, Dramaturgie und Technischer Direktion am Tag der Offenen Tür gut eine Woche vor der Premiere zu erfahren war, sollten sich 120 Sängerinnen und Sänger bei diesem opulenten Werk auf der Bühne tummeln. Eine Herausforderung der besonderen Art, denn diese Masse an Protagonisten muss erst einmal auf der Bühne untergebracht werden.

Die Geschichte in aller Kürze, wenn auch die emotionalen und komplexen Verbindungen der Protagonisten auf der Bühne wesentlich darüberhinaus gehen. Die wenigen Zeilen aus dem Text auf der Webseite der Semperoper bringen es auf den Punkt:
"Troja und Karthago - in beiden Städten herrscht ein trügerischer Friede. Zwei Völker befinden sich nach Belagerung, Krieg und stürmischer Zeit in Erwartung friedlicher Prosperität. Helden werden betrauert, Helden werden besungen, tote Helden mahnen die Überlebenden. In Zerstörung und Niedergang werden beide Völker enden, die deutlichen Vorzeichen ignorierend."
Die Handlung selbst ist bereits von Berlioz in das Europa der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert gelegt worden als die enorme Technikentwicklung, die in der ersten Pariser Weltausstellung 1855 einem breiten Publikum vermittelt wurden, in vollem Gang war. Es war schon nicht mehr das Troja und Karthago, das wir aus Sagen kennen.

Was die Oper so interessant macht, sind nicht nur die dynamische Komplexität auf der Bühne und die Bezüge zu heutigen Umständen, deren Auswirkungen über die Zeit oft nur von Wenigen erkannt und artikuliert werden, sondern vor allem, bedingt durch die Länge der Inszenierung, die Notwendigkeit des Publikums, sich auf das Ganze einzulassen und förmlich bis zum Schlussaccord, gesungen von Christa Mayer, die in ihrer Rolle brillierte (schauspielerisch wie sängerisch), einzulassen.

Zugegebenermaßen bis zur 1. Pause war auch mir ein Einlassen auf die Musik und das "bunte Treiben" auf der Bühne schwierig. Nach der Pause und einem "Sacken" des Gesehenen und Gehörten kamen nach und nach vor dem geistigen Auge die Bilder anderer "Rufer in der Wüste" oder Cassandras in den Sinn.

Mit der zeitgleich in Bonn stattfindenden Klimakonferenz #COP23, die just in der Woche nach der letzten Aufführung von "Les Troyens / Die Trojaner" stattfand, ist es wert, an Jay W. Forrester und sein Team von DoktorandInnen zu erinnern. 1972 verfassten sie den Bericht "Limits to Growth" (damals initiiert vom Club of Rome und kofinanziert von der Volkswagen Stiftung) zum zukünftigen Zustand der Welt. Über 40 Jahre ist dies nun her. Wurden die Rufe (bislang) erhört? Teilweise ja, doch gesamtgesellschaftlich, so wie das Volk der Trojaner den düsteren Weisagungen der Cassandra Glauben schenkte?

Mitnichten.

Kurzkritik in Form des bewährten #PresencingStatus:

  • Good - stimmgewaltiger und diferrenzierter Chor, der in dieser Oper seine wahren Fähigkeiten zum Ausdruck bringen kann; eine schauspielerisch und sängerisch hervorragende Christa Mayer (festes Mitglied im Ensemble); eine faszinierende Koproduktion sämtlicher Abteilungen des Hauses (vor allem Techniker, Werkstatt und Kostümmacher)
  • Tricky - (anfangs) die Länge der Aufführung; ohne vorheriges Konsultieren des Programmhefts sind Opern dieses Umfangs und Neuigkeit schwerlich in ihrer Gänze zu erfassen; anfängliche Rezensionen von Premierenkritikern hätten auch "abschreckend" wirken können (glücklicheweise gab es zwischenzeitlich weitere Rezensionen, die die Sicht auf die Inszenierung relativierten); "Eiseskälte" im Zuschauerraum (glücklicherweis wurde nach Hinweis an der Garderobe die Temperatur ein wenig erhöht; möglicherweise hängt das Phänomen mit der Überholung der kompletten Klimaanlage vor einigen Jahren zusammen; seitdem sind die Wintermonate anders als früher nicht mehr so intensiv von uns zu Besuchen genutzt)
  • Learned - je "unbekannter" (nicht einmal der Reclam-Opernführer von 1956 führt Hector Berlioz auf) die Oper, desto länger die "Lernkurve" und Verknüpfung mit der Gegenwart und eigenem Erleben (man muss sich Zeit nehmen und den Impuls der "vorschnellen Kritik" aktiv zurücknehmen)
  • Action - Reinhören in die 5-teilige Podcast-Serie "Die John Fiore Show", in der der Dirigent der Inszinierung, zur Musik der unterschiedlichen Akte Detailausführungen gibt, die einem ansonsten verschlossen bleiben und auch helfen, die Oper in ihrer Komplexität einzuordnen (in die damalige Realität und auch aktuelle Bezüge)


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Weitere Rezensionen zu "Les Troyens/ Die Trojaner" an der Semperoper Dresden: 

Deutsch

Englisch

Französisch
El cronista errant

Wednesday, October 18, 2017

Chemie - Gesellschaftlicher Katalysator? Roald Hoffmann macht es wahr!

Startfolie des Preisträgervortrrags
von
Prof. Roald Hoffmann
Roald: From a refugee camp in Wasseralfingen, books of Marie Curie and George Washington Carver in German, to America

(Roald: Von einem Flüchtingslager in Wasseralfingen, Bücher von Marie Curie und George Washington Carver auf Deutsch, nach Amerika)

Am 10. September 2017 feierte die die Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) das Jahr ihres 150-jährigen Bestehens mit einem Festakt im Konzerthaus am Gendarmenmarkt. Höhepunkt des Abend war die erstmalige Verleihung des Primo-Levi-Preises an Prof. Roald Hoffmann, Nobelpreis in Chemie (gemeinsam mit Kenichi Fukui) 1981.

Primo Levi, italienischer Schriftsteller und Chemiker, der den Holocaust überlebte (ähnlich wie der Preisträger auch), hat mit seinem schriftstellerischem Wirken die Chemie in weite Teile der Bevölkerung getragen. Darüber hinaus hat er mit seinem autobiografischen Werk "Ist das ein Mensch?" über seine Erfahrungen während seines 11-monatigen Zwangsaufenthalts im Konzentrationslager Auschwitz einen Platz in der Weltliteratur eingenommen.

GDCh Präsidentin Thisbe K. Lindhorst und Prof. Roald Hoffmann
Mit dem Primo-Levi-Preis, der von der GDCh und der Italienischen Chemischen Gesellschaft (Societa Chimica Italiana) gemeinsam verliehen wird, werden "Chemiker oder Wissenschaftler chemienaher Disziplinen ausgezeichnet, die sich in besonderem Maße für die Wahrung der Menschenrecht einsetzen und damit den Dialog zwischen der Chemie und der Gesellschaft voranbringen" (Auszug aus der Pressemitteilung der GDCh vom 6. Juni 2017).

Roald Hoffmann, bedingt unter anderem durch seine Kindheit, geboren 1937 damals im polnischen Zloczow (heute zur Ukraine gehörig) ist ein "Brückenbauer" (Boundary Spanner via P2P Foundation) zwischen unterschiedlichen Kulturen und Disziplinen. Der Titel seiner Nobel Lecture anlässlich der Nobelpreisverleihung 1981 "Building Bridges between Inorganic and Organic Chemistry" lässt den interessierten Leser bereits vermuten, dass sich darunter mehr verbirgt als ausschließlich die Leidenschaft eines Chemikers im Kontext mit Atomen und Molekülen.

Kunst, Poesie und Philosophie sind die Felder, in denen Roald Hoffmann ebenfalls seit Jahren aktiv tätig ist, wie auf seiner Website zu entnehmen. Nicht ohne Grund ist die Kunst und die mit ihr verbundenen Künstlerinnen und Künstler ein Katalysator für gesellschaftlichen Wandel hin zu größerem Verständnis gegenüber der Wissenschaft (die, falls wir nicht selbst damit zu tun haben, uns abstrakt und im "strengen Sinne" überflüssig vorkommt, da wir sie in geringem Maße in unserer persönlichen Erlebenswelt einordnen können) und zwischen unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen. Auf den Malta Conferences, die sich dafür einsetzen, die Kraft der Diplomatie der Wissenschaften für ein friedfertiges Zusammenleben der unterschiedlichen Kulturen im Nahen Osten einzubringen ist er ebenfalls ein regelmäßiger Teilnehmer, so auch in diesem Jahr im Dezember.

Jan Kollwitz (li.)
Roald Hoffmann (re.)
Besonders faszierend ist die gestiftete Keramik, die in tradioneller japanischer Technik von Jan Kollwitz, dem Urenkel von Käthe Kollwitz, die ihre letzten Lebensjahre in Moritzburg unweit Dresdens verlebt hat,  produziert worden ist. Just in dieser Woche, am morgigen Donnerstag, eröffnen die Staatlichen Kunstsammlungen (SKD) im Kupferstichkabinett eine Sonderausstellung anlässlich des 150. Geburtstages von Käthe Kollwitz - man mag es für eine zufällige "Laune" der Geschichte halten und doch treffen wiederum unterschiedliche Stränge der Geschichte in Dresden in Form der Kunst zusammen.






Zusammenfassung des Erlebten während (und nach) der Eröffnungsfeier des Wissenschaftsforum 2017 (#wifo2017) im bewährten #PresencingStatus:

  • Good - Konzerthaus am Gendarmenmarkt war der passende Ort, um Wissenschaft, Kunst und Publikum emotional zu verbinden 
  • Tricky - mehrfache Anläufe zum Aufschreiben der Erinnerungen an diesen faszinierenden Abend in Berlin "scheiterten"
  • Learned - manche Dinge, wie das Schreiben dieses Artikels, benötigen mehr Zeit als vermutet, vor allem wegen der verfältigen Verflechtungen und Dockingpunkte mit anderen Dingen (SKD, Semperoper Ballett, Deutsche Physikalische Gesellschaft, Dialogmiteinander, Flüchtlingskrise, Bundestagswahl, Diversity, ...)
  • Action - Wie könnte ein Prototyp im Rahmen des MOOC "u.lab - Leading From the Emerging Future" aussehen, der die Vielfalt (diversity) von Personen, Erkenntnissen sowie Erlebnissen, die die offenbaren Grenzen zwischen Wissenschaft, Kunst und Gesellschaft verschmelzen lassen und visuell oder in anderer geeigneter Form für andere erfahrbar macht? 

Tuesday, October 10, 2017

Industrie 4.0 und die Jungen Neugierigen

Am Freitag, den 6. Oktober 2017, machte der Global Manufacturing and Industrialization Summit (GMIS) auf seiner GMIS Roadshow, u.a. über New York City, Paris und Peking, bei GLOBALFOUNDRIES Fab1 im Dresdener Norden Station. Bereits einige Wochen zuvor war das Event nicht nur auf Facebook sondern auch über den offiziellen Twitteraccount GMISummit angekündigt worden (siehe links).

Worum geht es? Warum gerade in Dresden als erste und somit einzige Station in Deutschland auf der GMIS Roadshow, die bereits in New York City, Paris und Letztens in Peking Station machte?

https://gmisummit.com/thesummit/the-initiative/
GMIS wurde 2015 auf Initiative der Vereinigten Arabischen Emirate in Kooperation mit der UNIDO (United National Industrialization and Development Organization) sowie SIEMENS und GE gegründet. Im Frühjahr dieses Jahres fand der erste GMISummit in Abu Dhabi an der dortigen Universite Paris Sorbonne Abu Dhabi statt. Statt der erwarteten 1.500 Teilnehmer waren es rund 3.000 Teilnehmer aus allen Bereichen von Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, um zu erfahren und zu erörtern, wie die weltweite Fertigung (engl.: manufacturing) zukünftig aussehen könne bzw. gestaltet werden soll, um die Sustainable Development Goals der UN gemeinsam zu erreichen.

Die Vereinigten Arabischen Emirate sind über den staatlichen Investmentfonds Mubadala, der Alleineigentümer des Chipproduktionswerkes GLOBALFOUNDRIES Fab1 (das größte seiner Art in Europa und mit ca. 3.500 MitarbeiterInnen aus 50 Nationen), seit Jahren intensiv mit dem Freistaat Sachsen verbunden. Ministerpräsident Stanislaw Tillich begrüßte die ca. 50 Teilnehmer im Konferenzzentrum und betonte, nicht nur in seiner Funktion als Ministerpräsident sondern auch als Ingenieur, dass "... Sachsen als starker Wirtschaftsstandort und innovative Region in Europa steht dank vieler engagierter Unternehmer und kluger Köpfe mittendrin. ... Es ist uns gelungen, die gesamte Wertschöpfungskette von Forschung und Entwicklung bis zur Produktion im Freistaat zu etablieren. Und es sind gerade auch die kleinen und mittleren Unternehmen, die mit ihrer Tatkraft und ihrem Ideenreichtum zu diesem Erfolg beitragen."

Badr Al-Olama, GMIS
Badr Al-Olama, Head of GMIS und Head of Aerospace Business Unit - Mubadala Investment Company (Strata Manufacturing, zertifizierter Lieferant von Composite-Teilen für Boeing und Airbus), und spezieller Gast an diesem Morgen brachte es mit einem kurzen Fakt auf den Punkt. Der Börsenwert von Apple (ehemals "nur" ein IT-Unternehmen) stellt mit seinem Börsenwert die gesamten Gründungsunternehmen des GMIS (zu denen auch SIEMENS und GE zählen) in den Schatten. Die Wirtschaftslandkarte hat sich im vergangenen Jahrzehnt enorm gewandelt. Unternehmen wie Apple und Google sind inzwischen auch im Bereich von Robotics, autonomes Fahren und anderen (digital getriebenen) Industriefeldern tätig und zunehmend als Produzenten aktiv. "How do we make manufacturing aspirational?" ("Wie machen wir die Produktion anziehend?") - ein Satz von Badr Al-Olama, der die Intention des GMIS auf den Punkt bringt und zugleich aufzeigt, welche Herausforderungen bevorstehen.

Dass dies möglich ist, zeigten erfolgreiche Akteure aus dem sächsischen Mittelstand, wie die XENON Automatisierungstechnik GmbH mit Sitz in Dresden sowie der FEP Fahrzeugelektrik Pirna GmbH, die beide mit mehreren hundert Mitarbeitern nicht nur Wertschöpfung in Sachsen, sondern auch global schaffen und dabei auch das Thema Digitalisierung aktiv umsetzen.

In einer hochkarätig besetzten Diskussion beleuchteten Vertreter von Fabmatics GmbH, SIEMENS AG Business Unit Factory Automation, Fraunhofer IWU sowie FEP Fahrzeugelektrik Pirna GmbH unter Moderation von Dr. Gerd Teepe, Director Marketing for Europe, Globalfoundries die Auswirkungen der Digitalisierung auf die sächsische Wirtschaft, sowie deren Chancen und Herausforderungen.



https://twitter.com/UNIDO/status/916240750446292992
Die Relevanz der digitalen Transformation und die internationale Vernetzung innerhalb der Wertschöpfungskette für die sächsische Wirtschaft betonte Stanislaw Tillich nicht nur in seiner Funktion als Ministerpräsident des Freistaat Sachsen, sondern auch als Ingenieur, der an der TU Dresden seinen Abschluss machte. Die anschließende Unterzeichnung des Memorandum of Understanding (MoU) zwischen der Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH und der GMIS setzte ein weiteres Zeichen für eine künftige Zusammenarbeit zwischen dem Freistaat Sachsen und den Vereinigten Arabischen Emiraten.

Noch sind es knappe zwei Jahre bis zum nächsten Global Manufacturing and Industrrialization Summit in Russland in Jekatarinenburg, #GMIS19. Hinreichend Zeit für sächsische Unternehmen der Fertigungsbranche, sich mit anderen lokalen Unternehmen zu vernetzen und darüber hinaus die vielfältigen Möglichkeiten der sächsischen Forschungslandschaft, angefangen von der E3 Forschungsfabrik in Chemnitz, dem Smart Systems Hub und dem DLR Institut für Softwaremethoden zur Produktvisualisierung, Zentrum für Additive Fertigung Dresden (AMCD) und anderen aktiv zu nutzen.

Kurzfazit in Form des bewährten #PresencingStatus (ein Standardprozess der Reflexion, der aus Theorie U bzw. dem MOOC #ulab hervorgangen ist):

  • Good - einwandfreies WLAN; Veranstalter (GMIS & Globalfoundries) selbst auf zahlreichen Social Media Kanälen aktiv während der Veranstaltung
  • Tricky - kurze Anmeldungsvorlaufzeit (nicht 100%iger Rückmeldeprozess); kein Laptop dabei (Tippen auf dem Smartphone eine langwierige Angelegenheit)
  • Learned - die Vereinigten Arabischen Emirate haben bereits (auch im Industriekontext, wie Mubadala) die traditionellen Kommunikationsmethoden exponentiell erweitert (Twitter, Instagram, Facebook, Youtube);
    "Wir sind noch viel zu langsam! Egal was sie machen, tun Sie es zweimal so schnell!" - Prof. Dr. Matthias Putz, Fraunhofer IWU
    "Win-Win-Situationen möglich machen!" - MP Stanislaw Tillich;
    "How many people here are born in the 80's here? And 90's I'd assuming nobody?" - Badr. Al-Olama in seinem Abschlussstatement (niemand im Publikum ist in den 80ern geboren, vier Teilnehmer in den 90ern);
    "We [UAE] always ask ourselves:'Why not?' Not, 'Why should things happen the way they are?'" - Badr Al-Olama 
  • Action - aufmerksam nach wertschöpfenden Möglichkeiten und Verbindungen Ausschau halten, die eine Win-Win-Situation für den Freistaat Sachsen und GMIS darstellen und möglich machen
Ausgewählte Berichte über die GMIS Roadshow in Dresden am 6. Oktober 2017:


Social Media:








Monday, September 18, 2017

Was haben Berlin, Brandenburg und Sachsen gemein? CHEMIE

Anlässlich des 150. Gründungsjubiläums der GDCh (Gesellschaft  Deutscher Chemiker e.V.) an historischer Forschungsstätte, dem Berliner Wissenschaftscampus in Berlin-Dahlem, trafen sich vergangene Woche über 2.000 Chemikerinnen, Chemiker und Interessierte beim Wissenschaftsforum 2017 (#wifo2017 auf Twitter und Facebook).

Selbstverständlich ging es während der fünf Tage dauernden Konferenz um spezifische Fachvorträge, Tagungen der Fachgruppen (angefangen von der FG Chemieunterricht bis hin zur FG Lackchemie und FG Nuklearchemie), auch Postersessions standen ebenso auf dem Programm.

In einem neuen Format, das erstmals im Rahmen des Wissenschaftsforums der GDCh stattfand, waren Entrepreneure aus dem chemisch-wissenschaftlichen Kontext, Unternehmer, Politiker, UN-Institutionen eingeladen, beim 24-stündigen (!) Innovationsmarathon "Chemiewende - Wie erreichen wir eine neue Gründerzeit in der Chemie?" neue Wege in die Zuknft aufzuzeigen.

Juniorprofessor Dr. Hannes Rothe, einer der treibenden Köpfe hinter dem Event, das sich mit ca. 40 Anmeldungen für den 24h-Hackethon regen Zuspruchs erfreute, nahm während der 3-minütigen Pitches der sieben Teams die Zeit (in der ersten Reihe sitzen die Juroren der Pitchrunde). Doch dabei sollte es nicht bleiben. Nach den erfolgten Pitches der sichtlich erschöpften Teilnehmer des "Innovationsmarathons Chemiewende" und einer umgehenden Juryauswertung der Pitches war klar (wenn auch knapp, wie am Rande der Aufräumarbeiten zu erfahren war), dass das Team "Startup" das Rennen um den mit 5.000 Euro dotierten Preis gemacht hatte.

Im Beisein der Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries, die den Preis an das Gewinnerteam überreichte, wurde auch der Ausbau der "Chemical Invention Factory - John Warner Center for start-ups in Green Chemistry" angekündigt, das das Ökosystem für erfolgreiche Startups im Bereich der "Grünen Chemie" inmitten Berlin befördern soll. Bislang gibt es bereits erste Aktiviäten im kleineren Maßstab, wie einer Pressemitteilung der TU Berlin aus dem Juni dieses Jahres zu entnehmen ist. Die Aktivitäten in Richtung "#GreenChemistry" und die Unterstützung durch das Bundeswirtschaftsministerium (und selbstverständlich der Wirtschaftsministerien der Bundesländer) erschöpfen sich nicht nur in der Unterstützung von innovativen Startup-Wettbewerbsformaten für investitionsintensive Felder wie der Chemie. Erst am Vortag war an der Bergakademie TU Freiberg die Demonstrationsanlage von Parforce durch die Bundeswirtschaftsministerin eröffnet worden. Die Bergakademie TU Freiberg, die älteste Montanuniversität der Welt, war 2012 Austragungsort des 1. World Forum of Universities Resources on Sustainability (#WFURS - wir berichteten damals über Twitter) und somit schließt sich erneut ein Kreis, Ressourcen und Chemie, der ohne digitale Kommunikationstechnologie nicht ohne Weiteres sichtbar wäre.

Am Rande des kleinen Imbisses nach der Veranstaltung zeigte sich wieder einmal, dass das Pitchen gelernt sein will. So ähnlich, wie der "webbasierte Chemiebaukasten" (Chemtics) auf dem MobileCamp 2014 in Dresden überzeugte, so auch die in Brandenburg ansässige LXP Group, "Wir wandeln Grünabfälle, die z.B. in großen Mengen in städtischen Parks anfallen, dass sie von Biogasanlagen verwertet werden können." (frei aus der Erinnerung).

Dass sich nicht nur webbasierte und auf rein digitalen Geschäftsmodellen basierende Startups erfolgreich weiterentwickeln zeigt die im Frühjahr erfolgreich abgeschlossene Finanzierungsrunde über 2,6 Mio €

Auch wenn es für uns meist die Vorträge und die Keynote Speaker sind, die unser besonderes Augenmerk auf Konferenzen anziehen, so sollte man nichts unversucht lassen, um sich in unbekannte und neue Kontexte auf einer mehrtägigen Konferenz begeben, ob beim Frühstück oder auf den Veranstaltungen "am Rande".

Kurz zusammengefasst als PresencingStatus, was es mitzunehmen lohnt:

  • Good - der Mut der Initiatoren des Innovationsmarathon Chemiewende, dieses Format in das Wissenschaftsforum 2017 einzubetten; Englisch als Standardsprache und ausländische Gäste wie John Warner und Janet Angel
  • Tricky - es bedurfte einiger Anstrengungen, die Hashtags #Chemiewende und #Innovationsmarathon gemeinsam mit den offiziellen Konferenz-Hashtag #wifo2017 zu verbinden
  • Learned - Startup-Formate haben es nach wie vor schwer, vor allem wenn es sich nicht um schnell und einfach skalierbare rein digital-basierte Geschäftsmodelle handelt, Innovationsmarathon Chemiewende (see what the seven teams created over the course of 24 hours in Berlin - just amazing!!!) war ein vielversprechendes Format 
  • Action - mehr über die Geschichte der Chemie und ihre Relevanz in den heutigen Zeiten des Wandels erfahren (seit über 30 Jahren war ich nicht in diesem engen Kontakt mit Chemie)



Tuesday, September 5, 2017

Hellerau - Gelebte Innovation durch "Power of Pull"

Am Montag, den 28. August 2017, fand die alljährliche Innovationskonferenz futureSAX an einem bemerkenswerten und geschichtsträchtigen Ort der Tanz und Baugeschichte statt (Englisch review to be found here). Das Festspielhaus Hellerau, einst entworfen von Heinrich Tessenow als kultureller Mittelpunkt der noch im Enstehen begriffenen ersten deutschen Gartenstadt Hellerau (Website des StadtwikiDD) "vor den Toren der  großen Stadt (Dresden)", die sich vor über 100 Jahren zu einem Innovationshub zu entwickeln begann.

Jedem Besucher Dresdens sei an dieser Stelle ein mehrstündiger Gang durch die verwinkelten (eher gebogenen) Straßen des Stadtteils mit seinen unterschiedlichen Architekturstilen empfohlen. Am besten geschieht die Anreise rein elektrisch (ganz im Sinne des Bestrebens der Landeshauptstadt Dresden künftig "Modellstadt der Elektromobilität" zu werden) mit der Straßenbahnlinie 8 unter Mitnahme des "Streifzug 3 - Hellerau, die erste deutsche Gartenstadt" (auch als gedruckter Faltplan bei den Mobilitätszentren der Dresdner Verkehrsbetriebe AG erhältlich) der DVB AG (übrigens eines der innovativsten Unternehmen der Region, oft unterschätzt in der öffentlichen Wahrnehmung).

An besagtem Montag trafen sich rund 550 TeilnehmerInnen, um von frischen Innovationen Startups, etablierten mittelständischen Unternehmen oder Projekten visionärer Köpfen des Freistaats zu erfahren und die Besten zu küren (hier geht's zum Livemitschnitt der Preisverleihung - Ausdrücklicher Dank geht an dieser Stelle an die Kollegin des SMWA, die dies möglich machte).

Doch worum ging und geht es bei Veranstaltungen wie diesen an solch außergewöhnlichen Orten wirklich?

p. 99, "The Power of Pull"
John Hagel, Faculty Member von Singularity University, hat es bereits in seinem Buch "The Power of Pull - How Small Moves, Smartly Made, Can Set Big Things in Motion" beschrieben und nennt es "Shaping Serendipity" (vereinfacht auf Deutsch gesagt: "gute Gelegenheiten schaffen"). Jeder von uns kennt es, man ist auf einer Konfernz, man plant Besuche einzelner Stände und  interessanter Gesprächspartner. Doch dann kommt alles anders! Man kommt in ein Gespräch, findet etwas außergewöhnlich Interessantes und kommt zu ungeplantem Wissen und Kontakten.
  • wähle die Umgebung, in der sich Menschen mit ähnlichen Leidenschaften aufhalten
  • werde sichtbar und bleibe dies auch für Menschen, die relevant sind
  • beeinflusse deren Projekte und verstärke ihre Wahrnehmung
  • entdecke und tausche dich mit den richtigen Leuten zur passenden Zeit(en) aus
  • mache das Beste aus jedem Serendipity-Erlebnis 
Ist das Festspielhaus Hellerau ein solch "guter Ort", wo Menschen und unterschiedliche Ideen aufeinandertreffen und zugleich dem Ort eine positive Energie innewohnt, die mehr als nur das flüchtige Gespräch in der Pause ermöglicht?

Definitiv und ein klares "Ja"!

Und wieder ist es der Tanz und die performende Kunst, ob als Rhythmik, zeitgenössischer Tanz, Ballett oder die von der Dresdener Breakdancegruppe The Saxonz in Kooperation mit Hellerau - Europäisches Zentrum der Künste Dresden ins Leben gerufene Veranstaltung "Floor on Fire - Battle of Styles" (kurzer Trailer zum Format), Impulse für Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft gleichermaßen setzt.

In diesem Sinne darf man auf das kommende Programm "Rekonstruktion der Zukunft" in Hellerau gespannt sein, das sich um das Bauhaus, die Zukunft und last but not least Adolphe Appia, Bühnenbildner und Architekt, der vor über 100 Jahren Innenraum und Bühne des Großen Saals im Festspielhaus gestaltete.

Innovationen benötigen stets den passenden "Brutraum", um ins Entstehen zu kommen und das Festspielhaus Hellerau ist ganz sicher einer davon in der Stadt Dresden - ein wenig "versteckt" am Rande in der Heide. Wer einmal den Weg gefunden hat wird ihn sicher noch oft gehen, so wie selbst geschehen als ein Besuch und Führung in einem bis dato unsanierten Ensemble vor reichlich zwanzig Jahren auf dem Besuchsprogramm stand.

http://hellerau.org/rekonstruktion-der-zukunft

.... und zum Abschluss #PresencingStatus AKA Kurzreview:

  1. Good - Festspielhaus Hellerau ist ein wunderbarer Ort an dem Innovation, das Neue, Kunst und Kulturen aufeinandertreffen (seit über 100 Jahren)
  2. Tricky - Nutzung des futureSAX Veranstaltungs-WLAN nicht möglich, da Smartphone-Antenne keine 5 GHz Signale verarbeiten konnte
  3. Learned - Es gibt immer eine Lösung, die weiter führt :-) Inspirative Orte, wie z.B. das Festspielhaus Hellerau, den Lichthof im Albertinum oder die Gläserne Manufaktur gibt es zahlreich in Dresden - einfach noch mehr und digital darüber sprechen 
  4. Action - mehr als neugierig auf #inarowfestival und #RekonstruktionDerZukunft geworden 


Monday, July 3, 2017

"Wenn eines Tages eure Stimmen verhallt sind, dann gehen wir zugrunde"

Die obigen Worte sind die letzten Worte Martas, einer der beiden Hauptprotagonistinnen, am Ende der an der Sächsischen Staatsoper Semperoper aufgeführten Oper "Die Passagierin", einer Koproduktion mit der Oper Frankfurt.

Wenn es in der Spielzeit 2016/2017eine Oper in Dresden gab, die mich besonders bewegte, dann war es "Die Passagierin" von Mieczysław Weinberg basierend auf dem autobiografischen Roman von Zofia Posmysz.

Zofia Posmysz
Zofia Posmysz (Wikipedia) wurde 18-jährig von den deutschen Besatzungstruppen in Krakau beim Verteilen von Flugblättern verhaftet und kam 1942 in das KZ Auschwitz in der Nähe von Krakau (wo sich der Königssitz der polnischen Könige, der Wavel, befindet). Sie überlebte bis zum Tag der Befreiung und wurde in den Jahren nach dem Krieg Journalistin beim polnischen Rundfunk. Zunächst verarbeitete sie ihre Erinnerungen in Form eines Hörspiels, was dann zum autobiografischen Roman "Die Passagierin" 1962 führte, der Basis für einen Film und das Libretto für die gleichnamige Oper führte.

Nebenstehende Aufnahme entstand von Zofia Posmysz, inzwischen 94-jährig während Ihres Gesprächs "Ich werde euch nie vergessen ..." unmittelbar vor der Premiere im Wallpavallion des Dresdner Zwingers am Samstag, den 24. Juni 2017.


Die Handlung:

Eine ehemalige KZ-Aufseherin, Lisa, fährt mit ihrem Mann, einem Diplomaten, der in Südamerika eine Botschafterstelle antritt und der nichts von ihrer Vergangenheit weiß, auf einem Passagierdampfer über den Atlantik. Während der Überfahrt hat Lisa das Gefühl, in einer der übrigen Passagierinnen, Marta, eine ehemalige Lagerinsassin zu erkennen, die sie, so ist sie sich sicher, damals in den Tod geschickt hat.

Die Erinnerungen kommen vor ihrem geistigen Auge hoch und sie beichtet auch ihrem Mann, was damals passiert ist. Einmal geweckt sind die "Geister der Vergangenheit" nicht mehr zu verdrängen. Lisa oszilliert zwischen Gegenwart und aufkommenden Erinnerungen der grausamen und lange Zeit unausgesprochenen Vergangenheit. Letztendlich und mit der Bestätigung, dass Marta tatsächlich die vermutete ehemalige Lagerinsassin ist, zerbricht sie an der über Jahrzehnte verdrängten Realität und der nicht auszuhaltenden Ambivalenz der eigenen Persönlichkeit.

Die moderne und mit vielen Einflüssen verschiedener musikalischer Stilrichtungen versehene Musik Mieczysław Weinbergs (Wikipedia), dessen Oper erst zehn Jahre nach seinem Tod in Moskau konzertant uraufgeführt und szenisch bei den Bregenzer Festspielen 2010 umgesetzt wurde, lässt den Zuschauer stets im Klaren, dass das auf Bühne erlebte nicht sehr weit von der Gegenwart entfernt ist.

Semperoper Ensemblemitglied Christina Bock brilliert in dieser faszinierenden Inszenierung in einer Doppelrolle (Lisa als Ehefrau eines Diplomaten und in der Rückblende als KZ-Aufseherin), sowohl sängerisch als auch spielerisch. Barbara Dobrzanska debütierte als Marta mit einer hinreißenden und teilweise herzzerreißenden Sopranstimme.

Wer sich diese besondere Operninszenierung nicht entgehen lassen möchte hat noch zwei Termine zur Wahl (kommenden Mittwoch, den 5. Juli um 19 Uhr, und am letzten Spieltag dieser Saison, Sonntag, den 9. Juli um 15 Uhr).

Mehr über "Die Passagierin" auf der Webseite der Semperoper (mit einigen musikalischen und bildlichen Eindrücken).


Fazit: UNBEDINGT ANSCHAUENSWERT!!!

Final Curtain nach der Premiere am 24. Juni 2017


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PresencingStatus in gebotener Prägnanz und Kürze:


  1. Good - fantastische Inszenierung und sängerische Qualität (aller Beteiligten, von den Solisten bis hin zum Staatsopernchor); eine Oper, die viele Ebenen die Dialogs eröffnet; eine Oper, die einen nicht mehr loslässt und die inneren Gedanken bewegt; auch auf Twitter hat sich einiges zur Oper bewegt 
  2. Tricky - nur 5x auf dem Spielplan (gegenwärtig scheint eine Wiederaufnahme nicht geplant zu sein); zu viele Eindrücke, die mit persönlich Erlebtem bei einem Besuch im KZ Auschwitz im Sommer '93, "Attentional Violence", den Bezügen zwischen Krakau (nur einige Kilometer von Auschwitz entfernt) und Dresden (insbesondere August dem Starken, ein Bericht aus der ZEIT vom 29. April 1994 
  3. Learned - Opern mit umfassenden Aktionen unterschiedlicher Akteure auf der Bühne lohnen den Abstand von Bühne bzw. in den Rängen; "Die Passagierin" ist das einzige auf Deutsch (zumindest nach Wikipedia-Informationen) verlegte Buch von Zofia Posmysz (es wäre schön, wenn weitere auf Deutsch und anderen Sprachen verlegt werden, so dass ihre Erfahrungen weitergegeben werden können und zukünftigen Generationen erlaubt, negative Veränderungen in der Gesellschaft zu erspüren und entgegenzuwirken  
  4. Action - noch den einen oder die andere für die kommenden zwei Vorstellungen neugierig machen und einen Nachbericht schreiben 

Thursday, June 1, 2017

The Great Gatsby - Komplexität gehört zum Leben

Beim Hören von "The Great Gatsby" fällt den meisten von uns ein amerikanischer Literaturklassiker oder aber der Kinofilm (Trailer) mit Leonardo di Caprio in der Hauptrolle des Jay Gatsby ein. F. Scott Fitzgerald jedoch lieferte mit seiner Romanvorlage auch die Grundlage für die moderne Oper "The Great Gatsby", die MIT Professor John Harbison bereits 1999 komponierte. Sie sollte erst in der letzten Spielzeit 2015/2016 an der Sächsischen Staatsoper Semperoper in Dresden unter der Regie von Keith Warner ihre europäische Erstaufführung erhalten.

Szenerie während der Pause
Über eineinhalb Jahre nach ihrer Premiere in Dresden fand sie sich am 29.05.2017 erneut auf dem Spielplan der Semperoper. Es war Dresden-Tag (ein von der damaligen Intendantin Ulrike Hessler initiertes Angebot vor allem an die Dresdner, "ihre" Semperoper zu attraktiven Preisen zu erleben). Das Haus gut gefüllt und das dritte Mal selbst dabei (mit neuer Sitzposition, die zwei vorangegangenen Besuche im linken Rang bzw. im Parkett) sollte ein fulminanter Parforceritt durch die "Welt der Reichen und Schönen" und die Komplexität der uns alle umgebenden realen Welt folgen, der jedoch mehr bieten sollte, als schlicht die Musik und die sängerische Qualität auf der Bühne und im Graben.

Die Geschichte ist "schnell" erzählt: Jay Gatsby, zu Reichtum gekommener New Yorker mit unklarer Lebensgeschichte, trifft nach fünf Jahren zufällig seine Jugendliebe Daisy wieder, die inzwischen "unglücklich" mit einem erfolgreichen Polospieler, Tom Buchanan, verheiratet ist. Doch mit Reichtum und auch im Allgemeinen ist die Vergangenheit nicht wieder lebendig zu machen. Zwischenmenschliche Dynamiken  als ein sich ständig in Bewegung befindliches Spiegel- und Zerrbild der uns stets umgebenden Gesellschaft. Einen kurzen Einblick in das Geschehen gibt der Trailer zur Oper auf der Website der Semperoper. Auch wenn die Literaturgrundlage von F. Scott Fitzgerald "The Great Gatsby" (Wikipedia) bereits über 90 Jahre hinter sich hat, an Aktualität hat sie nichts verloren.

Blick aus dem 3. Rang
rechts vor Beginn der Aufführung
Was bereits vor der Aufführung fasziniert und gleichermaßen verstört sind die übergroßen Augen, die auf einem überdimensionalen Stahlgerüst inmitten der Bühne zu sehen sind. Ausdruck für Stahl als Verkörperung traditioneller Wirtschaft damals in den 20er Jahren, den "Roaring Twenties", gegenüber dem "schnellen Geld" (z.B. Spekulationen an der Börse oder Geschäfte mit während der Prohibitionszeit verbotenem Alkohol)? Die Augen als Verkörperung des "unbeteiligten Beobachters", der die gesamte Szenerie übersieht (unwillkürlich kommt einem der "Overview Effect" in den Kopf). Kaum beginnt die Vorstellung zeigt die Bühnenmaschinerie auch schon was in ihr steckt und was man selten in dieser Umfänglichkeit zu sehen bekommt. Es werden alle Register gezogen, die Szenerie vom Teenachmittag im Grünen, hin zur Rast an der Tankstelle oder der Aufenthalt im Hotel inmitten der Metropole New York, alles geschieht in Minutenschnelle und reibungslos auf der Bühne (fast wie von Geisterhand, wie auch manchmal das Leben zu spielen scheint). Was mechanisch korrekt und gleichmäßig ineinander zu greifen scheint spielt sich in den menschlichen Dynamiken gänzlich anders ab. Emotionen, versteckte Sehnsüchte und Annahmen (mentale Modelle) der involvierten Protagonisten verdeutlichen auf offener Bühne einmal mehr, dass die Dynamiken der Gesellschaft im Kleinen wie im Großen weder schlicht noch unvorhersehbar sind, wenn man den Blick lediglich auf die Oberfläche hält.

Final Curtain mit dem gesamten Ensemble
Die besondere Qualität des Abends, neben den sängerischen und schauspielerischen Qualitäten des gesamten Teams, war die phänomenale Zusammenarbeit aller auf der Bühne als ein Team aus "einem Guss". Man konnte den Spaß der Sängerinnen und Sänger an dieser komplexen und umfassenden Produktion in jedem Moment spüren. Darüber hinaus waren einige der involvierten auch auf ihren Social Media Profilen bereits im Vorfeld der Proben aktiv und machten Laune auf mehr.

Was besonders die Zuschauer bei der dieser Produktoin herausfordert sind nicht nur die technischen Finessen und die Vielzahl von Akteuren auf der Bühne, von der Ballerina des Semperoper Balletts bis hin zum kompletten Staatsopernchor,  und vor allem die Tatsache, dass es nicht den "richtigen" Platz zum gesamthaften Überblick über das Geschehen gibt (es empfiehlt sich ein mehrfacher Besuch, auch in den Rängen bis hin zum 4. Rang). Während eher traditionelle Opern in der Regel auf wenige Protagonisten fokussieren und eine schlichte Handlung und ebensolches Bühnenbild erwarten lassen, sind die Sinne bei "The Great Gatsby" über alle Maßen gefordert. Es ist keine Oper zum Entspannen und schlichten Genießen: sie fordert förmlich zur Neugier auf, auf die man sich komplett über die Dauer von knapp drei Stunden einlassen sollte!

In diesem Zusammenhang fällt Edgar H. Schein und sein Artikel "The Role of Art and the Artist" ein, der einen erneut daran erinnert, dass vor allem darstellende Kunst in ihrer Komplexität in uns oft unerwartete Emotionen hochkommen lässt.

Abschließend ein Zitat von Mary Parker Follett, einer in den 20er Jahren aktiven Sozialarbeiterin und Managementberaterin, von Peter Drucker als "Prophetin des Managements" bezeichnet, das passend zu dem auf der Bühne erlebbaren Fiasko von Jay Gatsby und der "aus den Fugen geratenden" Gesellschaft passt:

Aus: Mary Parker Follett, "Prophet of Management - A Celebrating of Writings from the 1920s", S. 254
Wir alle spielen eine entscheidende Rolle in der Gesellschaft, in der wir leben und manchmal müssen wir auf unseren "Blinden Fleck" achten, der uns blind für die Entwicklungen um uns herum macht, so wie es Jay Gatsby widerfahren ist.

Zum Abschluss ein kurzer persönlicher PresencingStatus (Kurzreviewformat):
  1. Good - 3. Aufführung aus 3. Perspektive; viele neue Gesichter (auch Kurzentschlossene), die den Dresden-Tag nutzten; ein eingespieltes Team auf der Bühne rund um den dänischen Tenor Peter Lodahl, das mit sichtbarer Freude spielte; Musiktheater im wahrsten Sinne des Wortes (!)
  2. Tricky - um ehrlich zu sein: NICHTS
  3. Learned - Mehrfachbesuche einer Produktion lohnen stets (wie in der Vergangenheit bereits wiederholt erfahren); die Bühne gibt bei dieser Produktion ein umfängliches Bild von #DynamicComplexity in Wirtschaft und Gesellschaft wider
  4. Action - Wenn nicht anderweitig eingespannt stünde ein Gang zu einem 4. Besuch dieser Produktion am heutigen Donnerstag auf dem Programm

Monday, March 20, 2017

Condensed Matter and why it Matters

Vom 19. bis 24. März 2017 findet erneut auf dem Campus der TU Dresden (dies im Wechsel mit Regensburg) die größte der Frühjahrstagungen der Deutschen Physikalischen Gesellschaft e.V. statt. Wie heute morgen auf dem Pressegespräch zu erfahren war handelt es bei dieser Tagung um die Tagung der Gruppe Condensed Matter bzw. Festkörperphysik (sie beschäftigt sich hauptsächlich mit magnetischen Phänomen und neuen Materialien und macht ca. die Hälfte rund 62.000 Mitglieder der DPG aus) nebst weiterer Gruppen. Außergewöhnlich ist die bei einer wissenschaftlichen Tagung explizit erwünschte Beteiligung über Social Media (speziell Twitter) und Nennung des offiziellen Tagungshashtags #DPGDD17 auf der Website sowie der verfügbaren App (für iOS und Android).

* siehe Ende des Berichts
Prof. Dr. Ludwig Schultz, ehemaliger Direktor des IFW Leibniz-Institut für Festkörper und -Werkstoffforschung Dresden und inzwischen wissenschaftlicher Koordinator von DRESDEN-concept (ein Zusammenschluss der TU Dresden und weiterer 23 wissenschaftlicher Institutionen im Raum Dresden) gab einen kurzen Abriss über Geschichte und Besonderheiten der seit 2003 auch in Dresden stattfindenden Frühjahrstagung. Wie schon in Regensburg getestet gibt es auch in Dresden inzwischen ein remote-Tagungsbüro (am Dresdner Hauptbahnhof), um die Anmeldeprozesse von registrierten Teilnehmer noch flüssiger vornehmen zu können. Damit hat die DPG gegenüber anderen wissenschaftlichen Konferenzen auch im Ausland ein ausbaufähiges Alleinstellungsmerkmal, das den mit der Bahn anreisenden Gästen der Konferenzen ermöglicht, umgehend bei Ankunft mit den öffentlichen Verkehrsmitteln des VVO unterwegs sein zu können. Über kommende Woche werden sich voraussichtlich rund 6.000 Physikerinnen und Physiker von Institutionen aus 45 Ländern (nicht berücksichtig sind hierbei die Zahl der Herkunftsländer, die wesentlich höher liegen dürfte).

Button zur Initiative
Angesichts der Vielfalt der vertretenen Kulturen und wie DPG-Präsident Prof. Dr. Rolf-Dieter Heuer betonte, "Forschung ist offen. Forschung braucht alle Köpfe dieser Welt." ist die Initiative "Physik ist weltoffen" gestartet worden. Nicht nur dass sich die DPG für Weltoffenheit, Toleranz sowie einen offenen Austauschen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus aller Welt einsetzt, darüber hinaus gibt es bereits seit 2015 ein vom BMBF gefördertes Projekt "Physik für Flüchtlinge". Dieses wendet sich in erster Linie an geflüchtete Kinder und Jugendliche, um mittels des "Vermittlers" Physik und physikalische Phänomene, um Neugier, gegenseitiges Kennenlernen und Ankommen in der Gesellschaft zu ermöglichen. Nach einer ersten Pilotphase bis Mai 2017 ist die Förderperiode inzwischen bis 2018 verlängert worden. Ab Dienstag wird im Foyer des Hörsaalzentrums (HSZ) an der Bergstraße ein Infostand des Projekts zu finden sein.

Neben den obigen Aktivitäten ist auch zu erwähnen, dass noch im Sommer dieses Jahres in Jordanien das SESAME (Synchroton-light for Experimental Science and Applications in the Middle East) in Betrieb gehen wird. Ein Teilchenbeschleuniger basierend auf Grundlage des BESY in Berlin. Ziel dieses von der UNESCO unterstützten Projektes ist es, ähnlich wie das CERN, einen Ort zu kreieren, an dem WissenschaftlerInnen unterschiedlicher Herkunftsländer aus der Region und darüber hinaus gemeinsam an Experimenten zum wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn arbeiten.

Drei Schwerpunkte sind Thema der Frühjahrstagung in Dresden, wie der wissenschaftliche Leiter Prof. Dr. Martin Aeschlimann, TU Kaiserslautern, erläuterte. Diese sind zu unterscheiden in Felder Phänomene und Materialien:

1. Skyrmionen (Phänome), die insbesondere für neue Speichertechnologien von Relevanz sind. Anders als bei herkömmlichen Speichermedien, die anfällig für Defekte sind, ermöglichen Solitonen darin einen dichten Verbund und somit Vermeidung von Defekten

2. Perowskit (engl.:Perovskite) (Materialien), in dieser Materialklasse sind neue Arten entdeckt worden, die für Effizienzgewinne von Photovoltaikk vielversprechend sind, wenn auch die Produktion noch nicht absehbar ist

3. Supraleiter (Materialien), hier sind neue Eisenselenid-Verbindungen entdeckt worden, die durch Druck auf das Material die erforderlichen Übergangstemperaturen (Übergang von normal zu supraleitend) auf 77° K anhebt. Dies zieht neben möglichem Einsatz von Stickstoff statt Helium auch entscheidende Aufhebungen von Baueinschränkungen z.B. bei MRT (hierzu gibt am Montag, 20 Uhr, HSZ 01 (Hörsaalzentrum an der Bergstraße, Haltestelle Technische Universität Dresden) von Prof. Dr. Jens Frahm vom Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie Biomedizinische NMR Forschungs GmbH einen öffentlichen Abendvortrag mit dem Titel "Magnetresonanz-Tomografie - in Echtzeit")

Es dürfte erneut eine aufschlussreiche Woche für alle ReferentInnen und TeilnehmerInnen in Dresden sein, wo sich in 57 Hörsälen auf dem Campusgelände, mit Wegezeiten unter 8 Minuten und bestens ausgestattetem WLAN (sowohl EDUROAM, das jedem Wissenschaftler weltweit geläufig ist, als auch allgemeines WLAN, das zur Nutzung bereitsteht).

Gemeinsame Pressemitteilung der DPG Deutsche Gesellschaft für Physik e.V. und der Technischen Universität Dresden  (8/2017 vom 02.03.2017) mit weiterführenden Informationen und Links.


* Aufnahme aufgenommen unmittelbar nach dem Pressegespräch am 20.3.2017

v.l.n.r. Präsident der DPG Prof. Dr. Rolf-Dieter Heuer; Prof. Dr. Martin Aeschlimann, Sprecher der DPG-Sektion kondensierte Materie; Sara Schulz, Projektleiterin DPG-Projekt "Physik für Flüchtlinge; Prof. Dr. Kornelius Nielsch, Direktor, Institut für Metallische Werkstoffe (IMW) und Prof. Dr. Martin Schultz,  wissenschaftlicher Koordinator von DRESDEN concept, beide Chairs des lokalen Organisationsteams



Thursday, February 23, 2017

"Kunst ist der Kitt, der uns zusammenhält"

Am vergangenen Mittwoch luden die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, das Sächsische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst sowie der Landesverband Bildende Kunst Sachsen zum 1. Kulturfrühstück in den Lichthof des Albertinum ein.

Lichthof des Albertinum ©RalfLippold
Angesprochen waren in erster Linie bildschaffende (Bilder, Plastiken) KünstlerInnen aus Sachsen, um gemeinsam in den Austausch zu gelangen und auch die Nöte und Fragen unmittelbar von den Künstlerinnen und Künstlern zu erfahren. Dass auch weite Anfahrtswege nicht gescheut wurden, was den Wert der Veranstaltung unterstreicht, zeigten Teilnehmer auch aus den entfernten Gegenden des Freistaats wie z.B. Zittau.

Dr. Marion Ackermann, seit vergangenem Jahr die neue Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, führte als Gastgeberin in die von gut 100 Künstlerinnen und Künstlern besuchte Veranstaltung ein und erläuterte die Intention des Kulturfrühstücks. Sie betonte, dass es sehr wichtig in ihrer Arbeit und auch für Museen, wie die SKD, sei, "in den Kontakt mit wahren Menschen zu kommen." Obwohl die Kunst besonders in Dresden durch ihre Vielschichtigkeit, “der Kitt, der uns zusammenhält" (Dr. Marion Ackermann), doch oft (noch) zu wenig nach Außen präsent ist (abgesehen von den weltbekannten Kunstschätzen der Vergangenheit).

Am Stehisch in der Mitte (v.l.): Dr. Marion Ackermann,
Dr. Till Ansgar Baumgart, Uwe Gaul ©RalfLippold
Staatssektretär Uwe Gaul, SMWK, und Dr. Till Ansgar Baumhauer, Stellvertretender Vorsitzender des Landesverbandes Bildende Kunst Sachsen e.V. standen den interessierten Gästen ebenfalls Rede und Antwort. Bezugnehmend auf die Ankaufs- und Auftragsaktivitäten Augusts des Starken, das in der sogenannten "Wunderkammer" ("Grünes Gewölbe") nach wie vor heute zu bewundern ist, standen die Herausforderungen zeitgenössischer bildender Kunst und ihrer Künstler im Vordergrund. Eine höhere Wertschätzung der Werke, sei es durch direkten Ankauf oder durch die Richlinie für Ausstellungsvergütung für bildende Künstler/innen in Sachsen, auf der einen Seite und bessere Vermarktung der eigenen Kunst für ein interessiertes Publikum standen über weite Teile des Morgens im Vordergrund der Gespräche.

Als das Gespräch gegen kurz vor 14 Uhr in kleiner Runde beendet worden war stand fest:

das kann nur der Anfang weiterer ähnlicher (lokaler) Veranstaltungen sein!

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Wie stets an dieser Stelle eine kurze Reflexion ganz im Sine des #PresencingStatus:

Good

  • ein fantastischer Raum (Lichthof), der geradezu zum Dialog über Kulturen und Institutionen einlädt
  • offener Raum, Stehtische und kein "opulentes" Frühstück (das oft zur Ablenkung verleitet)
  • interessierte KünstlerInnen aus Nah und Fern, die mit Politik, Museumsvertretern (neben Frau Dr. Ackermann war z.B. auch der Direktor des "Grünen Gewölbes" Dr. Dirk Syndram zugegen)
  • offenes Gesprächsformat, das viele (Gesprächs-)möglichkeitsräume für alle Anwesenden eröffnete
  • kostenfreies WLAN über Telekom Hotspot (3 Stunden kostenloser Internetzugang via WiFi-Netzwerk MUSEUM_SKD) 

Tricky

  • "das Eis zu brechen" (die 1. Frage zu stellen) ist nicht einfach (man steht sofort im "Rampenlicht" und der allgemeinen Wahrnehmung [diejenigen, die sich getraut haben, Ihre Fragen und Erfahrungen loszuwerden werden sicherlich bereichert sein]
  • punktuell schwache Ausleuchtung des WLAN (ansonsten großes Lob (!) für dies Möglichkeit)
Learned
  • KünstlerInnen und WissenschaftlerInnen stehen ähnlichen Herausforderungen gegenüber, um ihr Werk einem breiten Publikum sichtbar und verständlich zu machen, siehe auch Staatsministerin Frau Dr. Eva-Maria Stange während ihrer Laudatio beim letztjährigen KUWI Preis 2016 des DWZK e.V. in den Technischen Sammlungen Dresden
  • neugieriges Fragen bringt Lösungen auch in Fragen der digitalen Vernetzung (WLAN)
  • dank leidenschaftlichen Beitrags von http://gabriele-watterott.de, einer Künstlerin aus Zittau erfahren, die den "wirtschaftlichen Funken" in den Dialog brachte
Action
  • erste Aktivität via Twitter während der Veranstaltung 

Auf ein Wiedersehen im Lichthof des Albertinums!