Monday, June 27, 2011

Eine Ballett-Story in vier Akten

Manchmal ist das Leben so voller Überraschungen, dass man als Mensch kaum hinterherkommt. Doch warum nicht einfach treiben lassen wie ein Surfer in der Brandung und die nächste große Welle nehmen? Was folgt ist eine spontan choreographierte Ankündigung eines überwältigenden Geburtstagswochenendes, das viel -oder soll ich sagen, alles- mit Ballett, Semperoper, und Überraschungen zu tun hat. Reichen die Eindrücke in kurzen Worten, um die Bilder zu ersetzen, die es wert wären hinzugefügt zu werden? Es ist einen Versuch wert!

24.06.2011
Es ist fünf Minuten vor 18 Uhr, auf der Suche nach Karten für Cinderella am darauffolgenden Samstag finde ich mich einige Sekunden später in der 1. Reihe in Semper 2 wieder, wo ich meine 2. Vorstellung von Cinderella mit neuem Besetzungsteam erlebe. Wieder tosender Beifall in dem kleinen Kubus, der sich wie das "hässliche Entlein" in Hans Christian Andersens Märchen zu einem "weißen Schwan" entwickelt (bei denen es auf Nähe zum Publikum und die subtilen Elemente des Tanzes stärker im Vordergrund stehen, da man sie als Zuschauer aus der 1.-3. (mehr gibt es nicht) Reihe genau erkennen kann). Semperoper besteht eben nicht nur aus dem Großen Haus, sondern besonders und in erster Linie aus dem Team, das auf der Bühne zu erleben ist. Da bietet Semper 2 ganz neue, nahe, und erhebende Momente (aufgrund der Nähe). Kaum wieder in den regenverhangenen Juniabend entlassen finde ich mich auf dem Hoffest der Semperoper wieder, freundlich aufgenommen in die Mitte der mir überwiegend unbekannten Gesichter, die die Produktionen erst möglich machen mit allem was hinter den Kulissen passiert. Doch so mancher kennt mich bereits und beim Fachsimpeln über das Färben von Stoffen erfahre ich mehr über 'Street Scene'.

Karten für den darauffolgenden Samstag konnte ich nicht ergattern, denn ausverkauft heißt ausverkauft, da hilft nur ein frühes Kommen am kommenden Abend.

25.06.2011
Mein Geburtstag ist bereits in vollem Gang, die Überraschungen geben sich die Klinke in die Hand, meine Facebook-Pinnwand füllt sich mit Glückwünschen aus Kapstadt, Vancouvers, Manila, Dresden, Rheinhessen, .... das Leben ist schön!

17:30 Uhr - Andrang vor Semper 2 - Karten für Cinderella zunächst Fehlanzeige - wir warten auf der Coach, fünf Minuten vor Beginn frage ich dann doch noch mal unschuldig nach, ob doch noch Karten vorhanden sind (nicht, dass wir "vergessen" worden wären) und zu unserer Überraschung, "Ja es gibt noch welche! Möchten Sie doch noch welche? Ich dachte, sie hätten andere Möglichkeiten gehabt." - wunderbar, wir sind drin, alles voll (war ja ausverkauft ;-)) und schon wieder auf der Bank in der 1. Reihe ein Platz am Rand - "Bist Du nicht Ralf?" ertönt es von der Banknachbarin, "Ja, das bin ich." antworte ich und schon erfahre ich, dass meine Gedanken zum Semperoper Ballett auf Twitter, Facebook und dem Blog mehr vom Ensemble gelesen werden, als ich anfangs vermutete - erneut eine wunderbare Vorstellung insbesondere von Fabien Voranger und Anna Merkulova, die erst seit Freitag in dieser Konstellation zusammen tanzen (!) - "Ein hervorragendes Team kann das eben!" (kurzfristiger Wechsel von Tanzpaaren) so mein kurzer Kommentar in Richtung meiner Banknachbarin, die sichtlich stolz ist auf ihre Kollegen - eine grandiose und immer wieder bis ins Komische gehende Vorstellung, Balletttänzer sind doch auch stets mit gehörigem Schalk im Nacken versehen, wie die "böse Stiefmutter" zum Ausdruck  bringt (da hatte jemand sichtlich Spaß :-)) - die "Überraschung" zeigte sich in den letzten drei Minuten der Vorstellung (wahre Klasse zeigt sich erst in solchen Momenten - mehr dazu im abschließenden PresencingStatus am Ende des Berichts)

26.06.2011
Erst am Vortag, als wir in der Neustadt zufällig Aaron S. Watkin (Ballettdirekter des Semperoper Ballett) und Jason Beechey (Rektor der Palucca Hochschule für Tanz Dresden) trafen, war uns bewusst geworden, dass ein weiteres Ballett-Highlight auf sich warten sollte:

Die Matinee der Palucca Hochschule für Tanz Dresden

Ganz ähnlich (mit einem Potpourri) fing meine Leidenschaft im Herbst 2010 für Oper, Ballett und die Semperoper an: mit einem Preisträgerkonzert. Diesmal eine Ballett Matinee.

Es war grandios, besonders die Vielzahl (die Palucca Hochschule für Tanz strahlt bis nach Spanien ;-)) der unterschiedlichen Stücke (Balenchines "Copèllia", Holger Beys "Vivid Whirl" (erinnerte mich in Ansätzen an die 'Jets' und 'Sharkes' in der Westside Story von Leonard Bernstein) öffneten den Kopf für Neues und Verbindung mit Bekanntem. "Ist es das, wie man zu Innovationen kommt?" (bei mir habe ich den Eindruck, dass es so ist und es sollte sich im anschließenden Überraschungskaffeeplaudern zu Dritt im Café Alte Meister (das "inoffizielle" Operncafé) zeigen.

PresencingStatus zu den letzten drei Tagen (insbesondere in Bezug auf Ballett & Semperoper)

  1. Good: Herzliches Willkommen und Gespräch beim Hoffest Semperoper; Cinderella wie stets bei Semperoper Ballett Produktionen wunderbar (!) und berührend (Anna, Raphael und Fabien sind wahre Pantomimen - neben der tänzerischen Perfektion); Matinee der Palucca Hochschule für Tanz Dresden mit großen Talenten der nächsten Jahre (unbedingt im Auge behalten und auch die Palucca Hochschule auf Facebook etwas eingehender verfolgen), Überraschungstreffen (nicht wirklich nach diesem Tweet) von Anne gemeinsam mit Angela heute im Rundfoyer in der Pause der Matinee der Palucca Hochschule für Tanz Dresden getroffen und anschließend noch zum Kaffeehausplaudern über Oper, Ballett und Co. im Café Alte Meister (hier wurden einige der zukunftsweisenden Visionen ausgeheckt zwischen drei passionierten Opern- und Ballettfans - die nächste Gelegenheit bietet sich am 01. Juli ab 22 Uhr - an neuem Ort nach 'La bohème' - für Details mich anschreiben, denn Platz ist beschränkt, Gesprächssprache Englisch - Interesse?)
  2. Tricky: wie immer die Vielzahl der Eindrücke verarbeiten (10 Finger beim Schreiben sind schon ein Segen, doch das Gehirn tickt schneller ;-)); Cinderella am Freitag - alles verlief nach Plan (nach persönlichem Gefühl etwas später begonnen als sonst) bis drei Minuten vor End - mitten in den letzten Formationen von Fabien und Anna schnarrte (manchen sehr bekannte Stimme) es von der Decke "Wir bitten, die Damen ...., Herren ...., sowie den Kinderchor auf die Bühne" (im Großen Haus lief 19 Uhr 'Carmen' an und die Ansage, die sonst regulär in den gesamten Gebäuden der Semperoper (in allen Gängen und Zimmern) ertönt, "verirrte" sich in Semper 2 (wo sie nix zu suchen hatte), die Einzigen, die sich irritieren ließen war für wenige Sekunden das Publikum - Fabien und Anna tanzten professionell und ohne dass man ihnen etwas anmerken konnte weiter, als sei die Stimme niemals erschallt (GENIAL und meine äußerste Hochachtung (!))
  3. Learned: in den ungeplanten Momenten des Lebens ("Hier ist noch eine Karte für Cinderella", nicht geplante Ansage inmitten der Aufführung, und was einem so aus dem persönlichen Leben einfällt) zeigt sich das Lernen von er überraschendsten und auch möglicherweise effektivsten Seite (auch wenn solche Momente, insbesondere, wenn man zum Haus gehört, einen in den Boden versinken lassen für einen Moment - wie meine Nachbarin) - Shit happens! If it does, cope with it in the most creative way. Stay on track and be authentic!
  4. Action: Unbedingt herausfinden [Wer kann hier helfen?], wer die Sprecherin während des Stücks 'Set in Stone' (by H. Viera) war, die während der Tanzperformance von Quantenmechanik, unerklärbaren mentalen Verbindungen, und ähnlichem sprach; ein bisschen über die Choreographen und die Stücke der Matinee recherchieren; SemperChat (Plaudern nach der Vorstellung bei einem Glas Wein was einen so bewegt hat, welche Ideen es gezündet hat) als neue interkulturelle Kaffeehaus-Initiative in Dresden entwickeln.

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