Das Wissenschaftsforum 2015 Chemie der GDCh (Gesellschaft Deutscher Chemiker) zog vor wenigen Tagen (30. August - 02. September 2015) nicht nur 2.000 Wissenschafter aus Nah und Fern nach Dresden, sondern machte einmal mehr deutlich, welche Kompetenzen und Potentiale am "Standort am Rande der Republik" vorhanden sind und die es zu "wecken" gilt.
Begeisterung wecken - das verwirklichte Prof. Dr. Stefan Hell, Träger des Nobelpreises in Chemie 2014, den er für seine Arbeit im Bereich der Fluorreszenzmikroskopie erhielt, mit seinem fulminanten Vortrag am letzten Tag des Wissenschaftsforums 2015. Die von ihm entwickelte Methode macht mikroskopische Auflösung unter die von Ernst Abbe postulierte ca. 200 nm (1/2 Wellenlänge des sichtbaren Lichts) hinaus möglich - dies durch einen (zunächst) physikalischen Trick. Selbstverständlich ist es mit Elektronenmikroskopen schon länger möglich geringere Auflösungen zu erreichen. Doch ist dies nicht z.B. bei lebenden menschlichen Zellen möglich. Durch bestimmte Substanzen können Zellenarten gezielt derart angeregt werden, dass sie Licht aussenden. Dies ermöglicht die Wahrnehmung mittels eines Lichtmikroskops. Jedoch sind bei der Sicht durch das Objektiv zur gleichen Zeit eine Vielzahl von Lichtpunkten innerhalb eines Schärfebereichs (ähnlich wie die bei einem Kameraobjektiv abhängig von der Blende der Fall ist).
Der geniale "Trick" den Prof. Stefan Hell umsetzte: die Leuchtanregung der nicht für die Beobachtung relevanten Zellen unmittelbar zu unterdrücken, d.h. sie dunkel zu lassen - "Make sure the molecule (cell) gets into the dark". Die Anzahl der An-/Aus-Zyklen entscheidet nun über die Auflösung und nicht mehr die Güte des Objektivs. Eine radikale, wenn auch schlichte, Idee, die zu zahlreichen Rückweisungen des Konzepts bei internationalen Journalen führte und ihm dann doch schlussendlich den Nobelpreis für Chemie 2014 gemeinsam mit zwei weiteren Kollegen einbrachte.
Was ehemals als physikalisch-optische Frage begann hat sich nun gewandelt zu "Today it's a chemistry problem!", denn die Suche nach erforderlichen Molekülen, die die Fluoreszenz der Zellen unmittelbar ausschalten, hat erst begonnen.
In aller Kürze wie schon zu vergangenen Konferenzen, ob live oder digital begleitet hier der aktuelle PresencingStatus:
Es sollte das erste Mal sein, dass das Wissenschaftsforum 2015 mit all seinen Nebenveranstaltungen und Mitgliedersammlungen der unterschiedlichsten Fachgruppen im Osten Deutschlands stattfand, wie Prof. Dr. Michael Ruck, TU Dresden und Max-Planck-Institut für Chemische Physik fester Stoffe, und Vorsitzender des lokalen Organisationskomitees während der Pressekonferenz in der Börse Dresden betonte.
Dresden ist inzwischen in der allgemeinen Wahrnehmung als Standort des bedeutendsten europäischen Mikroelektronikclusters und diverser Forschungsschwerpunkte (z.B. Life Science, Nanotechnologie) der TU Dresden, die seit Sommer 2012 den Status einer Exzellenzuniversität trägt. Mit Chemie hingegen verbindet man die hiesige Wissenschafts- und Wirtschaftsszene nur selten. Die wenigsten werden wissen, dass Silikon in einer Nachbarstadt Dresdens, Radelbeul, mehr durch Zufall vom Chemiker Richard Müller entdeckt worden ist. Dabei, dessen sollten wir uns stets bewusst sein, steckt Chemie letztendlich in allem, was uns umgibt, vom Alltagsstoff bis hin zu neuen Werkstoffen (die Werkstoffwoche findet vom 14.-17. September 2015 übrigens ebenfalls in Dresden statt).
Das Motto "Chemie verbindet", das betonte Dr. Thomas Geelhaar, Merck KGaA, Darmstadt und noch amtierender GDCh-Präsident (seine Nachfolgerin wurde auf dem Wissenschaftsforum 2015 gewählt und wird ab Januar 2016, die Präsidentschaft übernehmen), war nicht ohne Bedacht gewählt worden. Chemiker agierten in den vergangenen Jahrzehnten zu oft in ihren Elfenbeintürmen und hinter schwer dechiffrierbaren Formeln und Begrifflichkeiten, in einer immer komplexeren und mit großen Herausforderungen bedachten Welt (man denke an Energie, Nahrung und Wasserversorgung), die förmlich nach mehr Interdisziplarität und allgemeinverständlicher Kommunikation und neuen Formen der Wissensvermittlung rufen. Hier hat die während seiner Amtszeit gegründete Arbeitsgemeinschaft "Chemie und Gesellschaft" innerhalb der GDCh bereits einige Grundlagen für die Zukunft geschaffen, wie z.B. das Sonderheft "Der Menschenplanet - Aufbruch ins Anthropozän", das in enger Zusammenarbeit dem Deutschen Museum in München entstanden ist.
Dass die Vermittlung von Wissen, dessen Wert für die Gesellschaft und dessen Nutzbarmachung für Problemlösungen gesellschaftlicher, ökologischer und wirtschaftlicher Art maßgeblich von der Sprache abhängt ist der Präambel der zuvor genannten Arbeitsgemeinschaft "Chemie und Gesellschaft" zu entnehmen:
"Hierbei sollten wir eine größere Bereitschaft zur Transdisziplinarität bis hin zum Brückenschlag 'Chemie und Geisteswissenschaften' zeigen und andere Disziplinen wie Kunst, Architektur oder Musik einbeziehen, um Begeisterung zu wecken"
Begeisterung wecken - das verwirklichte Prof. Dr. Stefan Hell, Träger des Nobelpreises in Chemie 2014, den er für seine Arbeit im Bereich der Fluorreszenzmikroskopie erhielt, mit seinem fulminanten Vortrag am letzten Tag des Wissenschaftsforums 2015. Die von ihm entwickelte Methode macht mikroskopische Auflösung unter die von Ernst Abbe postulierte ca. 200 nm (1/2 Wellenlänge des sichtbaren Lichts) hinaus möglich - dies durch einen (zunächst) physikalischen Trick. Selbstverständlich ist es mit Elektronenmikroskopen schon länger möglich geringere Auflösungen zu erreichen. Doch ist dies nicht z.B. bei lebenden menschlichen Zellen möglich. Durch bestimmte Substanzen können Zellenarten gezielt derart angeregt werden, dass sie Licht aussenden. Dies ermöglicht die Wahrnehmung mittels eines Lichtmikroskops. Jedoch sind bei der Sicht durch das Objektiv zur gleichen Zeit eine Vielzahl von Lichtpunkten innerhalb eines Schärfebereichs (ähnlich wie die bei einem Kameraobjektiv abhängig von der Blende der Fall ist).
Der geniale "Trick" den Prof. Stefan Hell umsetzte: die Leuchtanregung der nicht für die Beobachtung relevanten Zellen unmittelbar zu unterdrücken, d.h. sie dunkel zu lassen - "Make sure the molecule (cell) gets into the dark". Die Anzahl der An-/Aus-Zyklen entscheidet nun über die Auflösung und nicht mehr die Güte des Objektivs. Eine radikale, wenn auch schlichte, Idee, die zu zahlreichen Rückweisungen des Konzepts bei internationalen Journalen führte und ihm dann doch schlussendlich den Nobelpreis für Chemie 2014 gemeinsam mit zwei weiteren Kollegen einbrachte.
Was ehemals als physikalisch-optische Frage begann hat sich nun gewandelt zu "Today it's a chemistry problem!", denn die Suche nach erforderlichen Molekülen, die die Fluoreszenz der Zellen unmittelbar ausschalten, hat erst begonnen.
In aller Kürze wie schon zu vergangenen Konferenzen, ob live oder digital begleitet hier der aktuelle PresencingStatus:
- Good - Internationale Crowd in Dresden, sehr offene Chemiker-Gemeinschaft, die auch moderne Kommuniktionsmedien wie Twitter und Facebook aktiv nutzt (offizieller Hashtag und freies WLAN (!) in den Veranstaltungsräumen inklusive), Internetauftritt zweisprachig und die meisten der Vorträge auf Englisch
- Tricky - bedingt durch die Masse an zeitgleichen Vorträgen war die Messe Dresden als Veranstaltungsort ausgewählt, die jedoch nicht in der Weise auf Konferenzen wie für Messen ausgerichtet ist (Steckdosen waren Mangelware in allen Räumlichkeiten, die diese bislang einzeln abgerechnet werden)
- Learned - Wissenschaftsgemeinschaften, die über Jahrzehnte bzw. -hunderte in Fachkreisen kommuniziert haben ist ein Wandel hin zur Nutzung von neuer digitaler Kommunikationsmedien ein langer Weg, wobei die GDCh einen mutigen Schritt nach Vorne gewagt hat, der sich über Dauer auszahlen wird, auch um Chemie und dessen Bedeutung in Bevölkerung, Politik und Wirtschaft präsenter zu machen
- Action - weiterhin über Felder und Fachdisziplinen schreiben, die als Boundary Object (siehe auch Beitrag zu Kartographie Boundary Object auf der 26. International Cartographic Conference Dresden 2013) die Fähigkeit haben andere Disziplinen und Stakeholder für breitere Ziel zusammenzubringen, sozusagen als Katalysator für die Zukunftsentwicklungen zu fungieren
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